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100 Meilen Mauerweglauf 2016 - ein Laufbericht von Fritz Rietkötter |
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Nervositätsvirus infiziert. Das ist bei dem zu erwartenden Lauf aber auch kein Wunder. Gemeinsam ging es zur Pasta-Party und anschließend zum Briefing. Hier, beim Briefing, gab es wieder alle wichtigen Details von der Strecke und dem drum rum. Und dabei ging es nicht nur um das „Ziehtörchen, das kein Drucktörchen ist“. Hajo Palm, der Chef-Organisator, hatte mal wieder mit dem nötigen Spass und dem noch nötigeren Ernst alle wichtigen Infos rübergebracht. |
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Und dann war endlich Samstag morgen. Um kurz nach 4Uhr klingelte der Wecker, anziehen, frühstücken und dann sammeln mit den 4 anderen in der Hotellobby zur gemeinsamen Abfahrt. Im Start/Zielbereich angekommen, spürte man schon die besondere Atmosphäre dieses außergewöhnlichen UltraMarathon, der eine Kombination aus Sport und Gedenken ist, einfach klasse.Jetzt hieß es nochmals kurz sammeln. Den Focus aus knapp unter 24 Stunden Laufzeit ausrichten, denn das eines der beiden Ziele. Vornämlich sollte die letztjährige Zeit mit 25:43h geknackt werden und dann, wenn es eben geht, sollte diese Schallmauer von unter 24 Stunden bei 161km Wegstrecke durchbrochen werden. |
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langsam aber sicher dem Verpflegungspunkt 3 entgegen. Hier wartete meine Runners Crew. Dort angekommen, standen auch Heike und Björn neben Maria und verabschiedeten uns schließlich mit einem ordentlichen Applaus auf die nächsten 140km. Und die hatten es wieder in sich. Zunächst folgte eine fast 5km lange, schnurrgerade Strecke. Hier liefen wir direkt auf dem alten Patrolienweg der Grenzanlage. Links die neue Autobahn, die auf dem ehemaligen Todesstreifen verlief und rechts der Spreekanal, der die eigentliche Grenze war. Schon ein beklemmendes Gefühl. Und schon jetzt, nach gut 3 Stunden Laufzeit, wurde es merklich wärmer. Immer in voller Sonne, immer gerade aus. Maria neben mir gab hin und wieder einige Infos zur Laufzeit im Vergleich zum Plan und der anvisierten Zielzeit. So verging Kilometer um Kilometer. Dazu immer wieder der Blick auf die Pulsuhr, Kontrolle von Laufgeschwindigkeit und Pulsschlag. Alles war im Lot. Es lief ruhig und rund. So vergingen die Stunden. Zwischendurch die Verpflegungsstationen, wo es keine offenen Wünsche in Sachen Versorgung gab. Die Helfer, egal ob mitten in der Nacht, am vorherigen Tag oder kurz vor Ziel waren immer super nett, hilfsbereit und aufmerksam. Eine unglaubliche Leistung, wofür man als Läufer oder Radbegleitung gar nicht oft genug Danke sagen kann! Einige Streckenteile kamen mir dann auch aus dem letzten Jahr sehr bekannt vor. Ging es letztes Jahr gegen dem Uhrzeigersinn um und durch Berlin, verlief die Strecke auf gleicher Route dieses Jahr genau anders rum, also im Uhrzeigersinn. Abwechslung auf der Strecke gab es ebenfalls genug. Erst durch Berlin, dann im nördlichen und westlichen Teil um Berlin, da wo links die Felder und rechts die Stadtbebauung ist. Eben immer auf der alten Grenze entlang. Und jetzt, so kurz nach Mittag, stellte sich auch das Wetter mit Sonne und Temperaturen von knapp unter 30 Grad freundlicherweise ein. Zwar ging es durch leicht bewaldetes Gebiete, das verhinderte allerdings in keiner Form diese gefühlt schwülwarme Luft. Jetzt ging es bereits das erste Mal ans Limit. Wieder der Blick auf die Pulsuhr, wieder die Erkenntnis, dass alles perfekt lief. Also nicht einschüchtern lassen, dachte ich mir und weiter. Weiter hieß, Richtung Potsdam und durch Potsdam. Entlang des tollen großen Sees mit dem Potsdamer Schloss. Über die legendäre Grenzbrücke, die bei so manchen Spionagefilm als grandiose Kulisse für Agentenaustauschszenen diente. Vorbei an Biergärten, wo ich mich am liebsten rein gesetzt hätte. Aber nach Wunsch ging es nicht. Jetzt ging es einzig und allein darum, den Laufrhythmus zu halten, den Temperaturen zu trotzen sowie dem eigenen Laufplan zu folgen |
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wurde zu laufen. Zudem wurden die kleinen Huppel, die durch Wurzeln unterm Asphalt hervor gerufen wurden, zu sprichwörtlichen Stolperfallen. Totale Aufmerksamkeit war gefragt. Streckenweise zog ich es vor zu gehen, um nicht Gefahr zu laufen, umzuknicken oder gar zu stürzen. Einen Vorteil hatte das Ganze: man blieb wach und konzentriert. Schließlich wieder ran an einen der 27 Verpflegungspunkte, wieder rein in die Nacht. Rechts und links war es stockfinster. Einzig durch den harzigen Geruch merkte ich, dass ich jetzt im Kiefern Wald laufe. Es wurde abermals merklich anstrengender. Jetzt waren wir in der Passage, die mir letztes Jahr schon zugesetzt hatte. Welliges Streckenprofil, kaum Zeit zum durchpusten, der Puls deutlich erhöht, das Laufen wird zur unendlich scheinende Anstrengung. Dann wieder ein Blick auf den Zeitplan, wieder die Gewissheit, gut zu liegen. Dann der letzte große Verpflegungspunkt „Naturschutzturm“. Dieser Turm ist der letzte große Grenzturm, den man stehen gelassen hat. Wieder kommt die Geschichte der Teilung hoch. Grenzturm, Todesstreifen, Selbstschussanlagen, flüchtende Menschen auf die geschossen wurden und die es nicht schafften. Mit diesen Bildern heisst es Verpflegung aufnehmen und weiter. Jetzt sind es nur noch 22 Kilometer oder 4 Verpflegungsposten. Es ging wieder in die Stadt. Langsam wurde es heller und ich spürte den aufkommenden Morgen. Die Laufgeschwindigkeit hielt, der Körper erholte sich Meter um Meter. Dann noch 10km, noch eine Verpflegung. Maria sagte die verbliebenen Kilometer an. Schritt um Schritt ging es weiter, immer das große Ziel vor Augen, unter 24 Stunden zu bleiben. Gleichmäßig aber stetig gab es eine weitere Verbesserung der Laufgeschwindigkeit. Die Uhr dokumentierte förmlich jeden Schritt. Dann die letzten Kilometer. Noch 3,98km laut Schild. Nochmals Tempo aufnehmen, der Blick zu Uhr und die Gewissheit, dass das 100-Meilen-Buckle, diese „nette Gürtelschnalle für eine Laufzeit unter 24h, jetzt zum Greifen nahe war. Nochmal die verbliebenen Kräfte mobilisieren. Nochmals 4km ans Limit. Tempo, nur noch Tempo. Die Laufzeiten mit über 9min pro Kilometer aus der Nacht waren jetzt wieder deutlich überschritten. Maria links neben mir, die Uhr auf Anzeige Laufgeschwindigkeit gestellt und damit volle Kraft (naja was davon übrig war) voraus. Wieder über die holprigen Straßen Berlins, wo ist das Stadion? Noch nicht zu sehen. Blick auf die Uhr, wir liefen fast einen 6:30min/km Schnitt. Das Herz pumpte, weiter dachte ich, nur weiter. Dann über die Überführung, die kannte ich aus dem letzten Jahr. Jetzt konnte es nicht mehr weit sein. Es lief. Uns kam ein Finisher entgegen, der applaudierte, wusste wo drum es jetzt bei mir ging. Zeigte auf den Eingang ca. 150m weiter vorne. Maria neben mir hielt das Tempo, keinen Meter verloren geben dachte ich nur. Wieder der Blick auf die Uhr. Noch immer deutlich unter 7min/km. Dann entlang der langen Stadion Front. Dahinter um die Ecke, ich spürte wie der Laufrhythmus funktionierte. Dann kam endlich die letzte Kurve vor dem Einlauf ins Stadion. Maria fuhr vor, um Ihr Rad abzustellen, denn die Stadionrunde wollten wir gemeinsam laufen. Schließlich rein ins Stadion, der Blick auf die Uhr, noch knappe 9min Zeit. Jetzt war klar, es wird reichen. Jetzt, wo links auf der Gegenseite das Ziel stand, Maria neben mir lief und schon lachte. Jetzt war es soweit, alle Trainingskilometer, die ganze Laufstrategie für diese 100 Meilen konzentrierten sich auf diese letzten Meter. Dann die Zielgerade und rein ins Ziel. Fast 2 Stunden vor der letztjährigen Zeit blieb die Uhr bei 23:54:00h stehen, was den 98.Platz Gesamt und den 18 Platz in der Altersklassenwertung bedeutete. Ein unglaubliches Gefühl aus Erleichterung, purer Freude und totaler Erschöpfung machte sich breit. Es war geschafft, das Ziel erreicht. Nach dem Zieleinlauf gab es schließlich die Liste der Zwischenzeiten. 6:28min/km stand da für die letzte Distanz vom Verpflegungspunkt27 bis zum Ziel, einfach nur geil dachte ich. Alles richtig gemacht. |
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Nach einer Stärkung folgte zudem die Erkenntnis, dass man nie alleine ist. Mit einem „piepsen“ kündigte sich eine Whatse an, in der ein Lauffreund ein Bild gepostet hat, wie Maria und ich im Zielbereich ein Erdinger verdrücken. Na klar, eine der drei Web-Cams hatte Horst genutzt, um uns zu überraschen und was noch besser war, kurze Zeit später stand er auch im Stadion. Eine tolle Überraschung, die ihm da gelungen ist. Gemeinsam warteten wir auf Ralf und Gabi, die mit Ihren Radbegleitungen Heike und Björn schließlich auch reinkamen. Bei 25:44h blieb für die beiden die Uhr stehen. Klasse! Nach einer heissen Dusche, Frühstück im Hotel sowie einem kleinen Nickerchen folgte am Nachmittag ein weiterer emotionaler Höhepunkt, die Siegerehrung. Jetzt spürte man einmal mehr die tolle Verknüpfung des UltraMarathon – Lauf mit der Geschichte rund um die Deutsche Teilung. Das Gedenken an die Opfer sowie die Folgen, die auch heute noch all gegenwärtig sind. Auch wenn Erinnerungen in unserer schnelllebigen Zeit leicht dazu neigen, schnell zu verblassen. Der Mauerweglauf erinnert laufend an eine Geschichte, die man nie vergessen darf! Auf jeden Fall haben Maria und ich den Montag dazu genutzt, das Asisi Panorama Museum zu besuchen und Berliner Geschichte ausführlich zu Fuss zu erkundet. Eine gute Gelegenheit, die Muskeln etwas zu lockern und aktiv zu regenerieren. Der anschließende Urlaub im Spreewald mit Ausflug nach Cottbus war da genauso hilfreich wie der weitere Urlaub in Dresden incl. grandiosem Stadtfest und Dampfschiff-Parade auf der Elbe mit Feuerwerk, wo wir mit Glück noch zwei Karten ergattern konnten. |
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Der Mauerweglauf ist außergewöhnlich und wird eine besondere Veranstaltung im Laufkalender bleiben. Top organisiert, tolle Verknüpfung von Geschichte und Laufevent sowie eine unglaublich abwechslungsreiche Strecke. Alles passt, also auf zum nächsten Mauerlauf….! |
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Im Start-/Zielbereich herrschte bereits emsiges Treiben, als unser Shuttle Bus eintraf. Klar, 342 Läufer aus 15 Nationen kamen jetzt zusammen, um sich dieser Herausforderung zu stellen, das bringt eine Menge Bewegung. Dazu die Staffeln und die Running Crews der anderen Läufer. Da war eine Menge Bewegung. Im Stadion war noch ein Frühstücksbüfett aufgebaut, dass die eintreffenden Läufer und ihre Crew – Mitglieder versorgte. Es war an alles gedacht. Maria, die die gut 3km vom Hotel zum Stadion mit ihrem Rad zurücklegte, kam auch gut gelaunt und ohne „Umweg“ an. Es konnte also nach ein paar Fotos vor dem Startbanner losgehen. |
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Pünktlich um 6 Uhr folgte schließlich der Startschuss zum 100Meilen Mauerweglauf 2015. Eine Runde durchs Stadion und dann einmal um WestBerlin umzu und mitten durch unsere Bundeshauptstadt. Eben immer dem ehemaligen Mauerverlauf entlang. Das Anfangstempo des Feldes schien mir schon ziemlich hoch zu sein. Meine Planung lief auf 28 Stunden Laufzeit incl. Verpflegung hinaus. Anvisiert war ein Anfangstempo von um die 8min/km um dann auf 9min/km herunter zu gehen und schließlich irgendwo um die 10-11min/km den Lauf nach Hause zu bringen. Die Verpflegungszeitung hinzugerechnet durfte eigentlich nicht mehr als 28Stunden auf der Uhr stehen bleiben. Aber wie das immer so mit den Plänen ist, man denkt sich welche aus und die Realität überholt einen dann bequem auf der linken Seite. Ging die Stadionrunde noch recht zügig, nahm ich auf den ersten 5km dann planmäßig den Rhythmus auf, der mich einigermaßen durch die nächsten Stunden bringen sollte. Langsam und stetig. Etwas Zeit für den einen oder anderen Plausch mit den Läufern und immer den Blick auf die Straße, wo die gelben Markierungspfeile unmissverständlich den Weg wiesen. Maria startete während dessen gegen kurz nach 6 Uhr im Tross der Fahrradbegleiter, um zum Verpflegungspunkt (VP)3 zu gelangen, wo der Treffpunkt mit den Läufern war. Eine sehr gute Aktion der Orga, um nicht ein Knäul aus Läufern und Radbegleitern entstehen zu lassen. Schwierig war allerdings, dass dieses Feld aus knapp 100 Radbegleitern durch die Stadt jongliert werden musste, ohne jemanden an der nächsten roten Ampel zu verlieren. Auch morgens um 6Uhr gilt natürlich die StVO. Hier wäre ein Polizei Unterstützung wie in Biel sicherlich ratsam… Schritt um Schritt, Meter um Meter. Die 160km wurden nun also sprichwörtlich begreifbar. Die Nervosität der Vortage war verflogen, der Laufrhythmus war da, die Herausforderung Mauerweglauf konnte also starten. Am ersten VP etwas trinken und essen, dann weiter. Alle 5 – 7km gab es Verpflegung. Trinken und Essen waren entscheidend, denn zwei Dinge warteten auf uns: sonnige 35Grad bis Mittag und irgendwann ab Nachmittag schwülwarme Luft incl. Gewitterschauer. Dazu eine Nacht mit warmen Temperaturen. Die Gesamtstrecke variierte von Asphalt über Kopfsteinpflaster, Feld- Wald und Wiesenwege bis hin zu Trampelpfaden, was will man mehr … |
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Wieder eine VP, zwischendurch den Mauerverlauf, der auf der Straße und mit Schildern markiert war, ansehen. Schauen, wo man läuft. Puls kontrollieren. Geschwindigkeit anpassen. Eben alles Routinedinge, die die nächsten Stunden immer wieder abliefen. Dann VP3. Der Treffpunkt mit Maria. Hier herrschte schon echter Trubel. Maria war schnell gefunden, die -wie sollte es anders sein- bereits die ersten Schwätzchen mit den anderen Radbegleitern und Helfern „absolviert“ hatte. Laufen ist eben sehr kommunikativ, auch als Radbegleitung. Gemeinsam ging es so auf die nächsten gut 140km. 140km, die es in jeder Hinsicht in sich hatten. Es ging an die gefühlten Grenzen von Fitness sowie Psyche und weit darüber hinaus. Heißt es beim Marathon, durch die ersten 20km bringt dich dein Körper, finishen lässt dich dein Geist. Dann heißt hier: der Kopf muss laufen wollen, auch wenn der Körper nein sagt. Irgendwann kamen wir dann an VP4, direkt an einem ehemaligen DDR Grenzturm. Hier war ein super Verpflegungsbüfett aufgebaut. Ich dachte so bei mir, ob die da die Henkersmahlzeit hingestellt haben? Unglaublich, was die Organisatoren und Helfer aller VPs da auf die Beine gestellt haben. Und dies nicht nur für ein zwei Stunden. Je weiter es zum Ende ging, blieben die Stationen weit über 20 Stunden und die Nacht hindurch geöffnet. Man kann sich gar nicht genug bei der ganzen Orga und allen Helfern bedanken. Gut gestärkt ging es weiter. Jetzt folgte das Denkmal an dem Punkt, wo Marietta Jirkowsky erschossen wurde. Jedes Jahr wird eines Mauertote gedacht. Dieses Jahr der 18jährigen Marietta Jirkowsky, die beim Überqueren der letzten Mauer-Einheit erschossen wurde und das nur, weil die Leiter zu kurz war auf der die kleine Person über die 3,6m hohe Mauer klettern wollte. Um von der oberen Sprosse auf die Mauerkrone zu klettern, war der Abstand einfach zu groß. Ihre beiden Begleiter hatten es hingegen geschafft. Ihr Verlobter, der auf der Mauerkrone lag, wollte sie noch rüber ziehen und hatte sie schon an der Hand. Da fielen die tödlichen Schüsse. Genau an dieser Stelle heftete jeder Läufer ein kleines, persönlich beschriftetes Gedenkkärtchen an eine aufgestellte Pinnwand. Eine unglaublich tolle Aktion die zeigte, auf welche Weise Deutsche Geschichte, Gedenken und Sport beim Mauerweglauf miteinander verbunden werden. Aus allen Kärtchen wird später ein Gedenkbuch erstellt, einfach klasse! Nachdem auch ich mein Kärtchen mit meinen Gedanken angeheftet hatte, ging es weiter immer weiter. Rein in die nächsten Kilometer. Die Sonne schien immer heftiger, es wurde warm. Dann wieder Verpflegung. Wieder rein in die Strecke. Jetzt erkannte man auch, warum ein Läufer mir gesagt hatte, dass man auf die 100km im Schweizer Biel nochmal 2 Stunden draufrechnen kann, um seine Zwischenzeit hier hochzurechnen. Es ging kontinuierlich in diese lang gezogenen Steigungen und Gefälle, die uns den ganzen Lauf begleiteten. Kilometer lang ganz leicht bergauf, dann eine Zeit ganz leicht bergab. Dazu die Sonne von oben. Wieder Versorgung. Maria neben mir achtete auf den Weg und sorgte für etwas Unterhaltung. Gut das sie neben mir war. So ging es Stunde um Stunde, Kilometer um Kilometer. Der Puls lief ruhig, der Laufrhythmus passte. Km60, km70 und dann kam, was auch kommen musste. Irgendwo um km80 folgte der erste Tiefpunkt. Essen ging nicht mehr, trinken ging nicht mehr. Die Leidenszeit begann. Einzig der Laufrhythmus hielt. Nächste VP. Einzig beim Blick auf die Leckereien des VP kam mir fast alles hoch. Also bloß weiter dachte ich. Was mir im Magen lag, war mir nicht klar. Aber egal. Erstmal Gehpause und alle Kräfte sammeln. 10 Minuten half nicht, dann weitere 5 Minuten, es wurde besser. Weitere 5Minuten, endlich wieder Luft. Zwischendurch Regen. Dann Stopp. Mitten im irgendwo wurde erstmal die Notverpflegung aus der Satteltasche geholt. Etwas essen, etwas trinken. Bei uns hielt ein Engländer an, der von Krämpfen geplagt war und später ausstieg. Der meinte nur, sein letzter Ironman in England war nichts gegen diesen Lauf. Er wusste dabei noch nicht einmal, was noch kommen sollte. Dann weiter. Langsam antraben. Der Magen hielt, der Laufrhythmus war da. Plötzlich war alles wie weg geblasen. Also wieder Tempo aufnehmen. Wieder ran an das Plantempo. Nächste VP. Etwas Essen und Trinken dann weiter immer weiter. Trotz dieses Tiefpunktes hielt der Laufplan. Das bisherige Zeitpuffer reichte, um diesen Tiefpunkt abzufangen. Das brachte zusätzliche Motivation. Irgendwann ging es durch Potsdam. Durch Villenviertel, tolle Gärten, entlang von Schlössern und Gutshäusern. Es war überwältigend. Dazu die Landschaft mit Seen, Hügeln, Wald. Naja und eben schlechten Straßen. Es ging sprichwörtlich über so manchen Teerhügel. Hinter mir fluchte Maria, während sie wieder über so eine Lunke, einen Hügel, einen hochstehenden Straßenstein fuhr. Das Rad rappelte doch ordentlich. Dazu das Gewicht der Satteltaschen, da war Obacht angesagt. Egal dachte ich bei mir, das hält wach. |
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Wieder diese Steigungen hoch, unscheinbar aber dennoch Kraft raubend. Dann die 5km lange Gerade durch den Wald. Da wollte ich im hellen unbedingt durch, egal wie. Eine einzige Gerade. Nur von leichten Hügeln unterbrochen. Die Luft stand im Wald. Das Gewitterschauer hat ganze Arbeit geleistet. Kein Lüftchen, nur die Feuchtigkeit, die fast nebelartig zu stehen schien. Lauftempo runter und durch. Der Wald nahm kein Ende. Und doch, es hat eben alles ein Ende, auch dieser Wald. Hurra dachte ich. Ran an die nächste VP. Etwas länger als sonst und weiter. Und es kam wie es kommen musste. Die ehemalige DDR-Grenze war eben immer gerade, weil so übersichtlicher. Es ging in den nächsten Wald. Wieder immer gerade aus. Wieder Hügel…. Dann wurde es langsam dunkel. Ab VP 17 Sportplatz Teltow wurde Nachtausrüstung Pflicht. Also Stirnlampe auf, Warnweste an und weiter. Nur noch 50km oder so. War eh egal. Umkehren wäre blöd gewesen. Abermals Zeitkontrolle und wieder die Feststellung, deutlich vor dem eigenen Laufplan. Die Orga hat alles gecheckt und gab das ok zum Weiterlaufen. Dann wieder rein in den Wald. Der Weg wurde eng. Maria leuchtete mit den Lichtern am Rad den Weg bestmöglich aus. Dazu der Lichtkegel der eigenen Stirnlampe. Hügel? Klar die gab es auch hier zu Hauf. Einziger Unterschied zum Tage, man konnte sie nicht sehen. Einzig der Puls verriet, dass es wieder bergauf gehen musste. Dazu Lunken, hin und wieder Unebenheiten in den Waldwegen. Laufen oder gehen, die Frage hätte normalerweise mit Gehen beantwortet werden müssen. Jetzt fehlte der Laufrhythmus, die Anstrengungen des Tages forderten ihren Tribut. Ich wollte hier aber endlich durch. Hinter mir rappelte wieder das Rad. Tief in der Nacht hatte auch Maria sprichwörtlich alle Hände voll zu tun. Dazu versorgte sie noch einige andere Läufer mit Vaseline, die mehr zu kämpfen hatten. Man hilft sich eben. Irgendwo im Dunkel voraus tauchte ein Licht auf. Von weiten hörte ich Rasselgeklapper. Unglaublich, eine VP im Dunkel des Waldes. Der Helfer mit der Rassel stand gut 300m vor der Stadion und feuerte an. Irgendwann Mitten in der Nacht, als wären wir die ersten, das hilft! Essen, Trinken, Schnacken, Durchatmen und weiter. Wieder rein in den dunkeln Wald. Der Weg war mit fluoreszierenden Bändern gekennzeichnet. Weiter, es geht immer weiter. |
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Nachdem wir dann geduscht und eine Mütze voll Schlaf genommen hatten, ging es um 14Uhr zur Siegerehrung. Auch dieser Teil des Mauerweglaufs war absolut gelungen. Hier zeigte sich wieder auf welch außergewöhnliche Weise der Sport und die Innerdeutsche Geschichte verbunden wurden. Eine sehr emotionale Rede vom Schirmherren, Rainer Eppelmann (Minister in der letzten DDR-Regierung und heutiger Vorsitzender der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der DDR Diktatur) brachte es in einer Metapher auf den Punkt: so wie die Menschen in der ehem. DDR litten, so litten die Läufer dieses UltraMarathons. Die Gedanken an die Opfer und das Nichtvergessen einer Trennlinie durch ein Volk machen diesen Lauf zu etwas einzigartigen. Getragen wird alles von einem unermüdlichen und immer gut gelaunten, aufmunternden Orga- und Helferteam, das Tag wie Nacht da war. Egal ob an den VPs oder per Rad auf der Strecke. Ich werde wieder kommen, denn dieser Lauf führt einmal mit dem Uhrzeiger und im kommenden Jahr gehen den Uhrzeiger um WestBerlin. Da fehlt mir noch eine Strecke, es fehlen noch 50%…. |
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